Barcamps

Es menschelt: ein Rückblick auf zwei ganz unterschiedliche Barcamps und ein bisschen allgemeine Barcampliebe

Zwei Strandkörbe mit der Aufschrift "SPO" auf einer Wiese, Abendhimmel mit Wolken

Im September besuchte ich nach längerer Barcamp-Pause gleich zwei sogenannte Unkonferenzen, die allerdings recht unterschiedliche Vertreter ihrer Art waren: das stARTcamp Hamburg meets HOOU und das Beachcamp Sankt Peter-Ording.

UnPodcast

Das Startcamp (wie ich es der Einfachheit halber nennen will, die Veranstalter*innen mögen mir verzeihen) wurde am Vorabend eingeläutet mit der Aufzeichnung eines UnPodcasts, bei dem jede*r – mehr oder weniger spontan – ein Thema einbringen konnte, über das er oder sie sieben Minuten mit dem Moderator Christian Friedrich sprechen wollte. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob das Format schon öfter ausprobiert wurde, und ich bin auch nicht sicher, ob es immer aufgehen würde. Als Teilnehmerin befürchtete ich, dass es langweilig sein könnte, später die Aufnahme zu hören und dass nur wir vor Ort das Format als spannend erlebten. Tatsächlich sind jedoch ganz unterschiedliche Gespräche entstanden, die alle interessant und kurzweilig zu hören sind. Diese Art des Podcasts steht und fällt sicherlich nicht nur mit den Themen, die die Menschen mitbringen, sondern auch damit, wie gut der/die Moderator*in umschalten und auf unterschiedliche Menschen eingehen kann, aber ich würde mir dennoch wünschen, mehr solche Experimente zu hören oder daran teilzunehmen. Es scheint eine gute Ergänzung zu Konferenzen oder Barcamps, um den Themen mehr Raum zu geben, die die Teilnehmer*innen mitbringen und um ggf. auch schon vorher die Vernetzung zu unterstützen. Mir hat es dabei geholfen, eine Frage zu formulieren, die mich sicher weiterhin beschäftigen wird: Wie können sich die Open-Access- und OER-Communities besser vernetzen, und was können sie voneinander lernen? Ohne UnPodcast hätte sich vielleicht auch nicht der Kontakt zu Gabi Fahrenkrog ergeben, die sich genau dieser Frage schon länger widmet, sodass wir am nächsten Tag direkt eine Session dazu anboten.

stARTcamp Hamburg meets HOOU

Das Startcamp war in der Hinsicht ein etwas unübliches Barcamp, als dass schon lange vorab Sessionvorschläge eingereicht werden konnten und sich so bereits vorher eine Art Programm auf der Website bildete. Das war vielleicht sowohl für Barcamp-Neulinge als auch für alte Hasen verwirrend: Denn für ein “richtiges” Programm fehlten die Zeit- und Raumangaben; und alle, die schon öfter auf Barcamps waren, wunderten sich, dass überhaupt vorab schon so detailliert geplant wurde, umso mehr, da auch noch eine Keynote und ein Workshop angekündigt wurden.

Letzten Endes waren dies jedoch nur milde Irritationen, die sich am Tag selbst schnell auflösten, da die Veranstalter*innen das Format und die etwas ungewöhnlichen Abweichungen ausführlich erklärten. Für die Besucher*innen, die sich aus sehr unterschiedlichen Bereichen rekrutierten, und von denen größere Teile keine Barcamp-Erfahrung hatten, waren die Formate sicherlich gut gewählt. Besonders der Einstieg mit einer Keynote sammelte das Publikum im wörtlichen wie im übertragenen Sinne. Martin Zierold vom Institut für Kultur- und Medienmanagement schaffte es in seinem Vortrag, dem hohen Anspruch einer “Inspirational Keynote” gerecht zu werden und gab einige Impulse, wie Kunst und Wissenschaft zur Lösung der ganz großen Fragen beitragen können: Wer sind wir? Wie wollen wir zusammenleben? Da ich mit meinem Rückblick recht spät dran bin, kann ich auf dieses Video hinweisen, das gerade erschienen ist und das einige der Punkte aus Zierolds Keynote aufgreift.

Der Sessionplan stellte sich dann so divers dar wie die Teilgebenden, und an einigen Stellen prallten sehr unterschiedliche Erfahrungswelten aufeinander. Ich bin z. B. mitunter fast schockiert, wie Mediennutzung, Lehren und Lernen mit digitalen Medien sowie Fragen des Datenschutzes außerhalb meiner FilterblaseTM gesehen werden. Umso wichtiger finde ich es, immer wieder mit anderen Sichtweisen konfrontiert zu werden und nicht immer nur im eigenen Saft zu köcheln – auch auf Twitter.

Beachcamp Sankt Peter-Ording

Das Beachcamp war 2015 mein erstes Barcamp, und es hat für mich den Standard gesetzt, was solche Veranstaltungen angeht. Das ist insofern etwas unfair, als auch dieses kein besonders typisches Barcamp ist. Es ist mit rund 70 Besucher*innen recht klein, es erstreckt sich i. d. R. von Donnerstagabend bis Samstagabend und die meisten Teilnehmer*innen übernachten direkt am Veranstaltungsort – es hat also eher den Charakter einer Klassenfahrt als den einer Konferenz. Dazu trägt natürlich auch die treue Fangemeinde bei.

Thematisch orientiert sich das Beachcamp oft an den Herausforderungen, die das digitale Arbeiten auf dem Land mit sich bringt: Es kommen hier viele Freiberufler*innen zusammen, die “irgendwas mit digital” machen und von guter Infrastruktur abhängig sind. Besonders inspirierend fand ich dieses Mal Christian Wieles Session zu KI und Anne Hansens Austausch dazu, was Freiheit für uns bedeutet. Nebenbei nahm ich auch gleich die Inspiration und die letzten guten Tipps mit, um dieses Blog endlich live zu schalten – im Sinne der Freiheit! In meiner eigenen Session zum Thema Wissenskommunikation (Wie können Wissenschaftler*innen bzw. “die Wissenschaft” sich der allgemeinen Öffentlichkeit besser verständlich machen? usw.) bekam ich interessante Impulse von Menschen, die der Wissenschaft nicht so nahestehen wie ich, und dies ist eine weitere Fragestellung, die ich in Zukunft genauer beackern möchte.

Die familiäre Gemeinschaft beim Beachcamp weiß ich einerseits sehr zu schätzen; auf der anderen Seite kommt es bei so viel Nähe auch leichter zu Spannungen und Überreaktionen. Manchmal findet man allerdings plötzlich über Themen wieder zueinander, von denen man es gar nicht erwartet hätte. Insofern lautet mein Fazit auch: Was wir von Barcamps lernen können, ist, offen aufeinander zuzugehen. Man weiß nie, was man dadurch gewinnt.

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